Unzuverlässige Dokumente
Unzuverlässige Dokumente, pixabay/Foto illustrativ

Eine Frau ist mit dem Versuch gescheitert, ihren Rentenbeginn um 14 Jahre zu verlegen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass die von ihr vorgelegten türkischen Dokumente das ursprünglich angegebene Geburtsjahr 1960 nicht ausreichend widerlegen. Die Klägerin hatte versucht, durch ein abweichendes Geburtsdatum in einem später ausgestellten Pass früher in Rente zu gehen.

Inhaltsverzeichnis:

Libanesischer Pass aus den 1980er Jahren ausschlaggebend

Die Klägerin war Anfang der 1980er Jahre mit einem libanesischen Pass nach Deutschland eingereist. Darin war vermerkt, dass sie 1960 in Beirut geboren wurde und staatenlos sei. Auf Basis dieser Angaben erhielt sie eine Sozialversicherungsnummer, die dieses Geburtsjahr berücksichtigte.

Im Jahr 2015 – also über 30 Jahre nach ihrer Einreise – änderte die Frau gegenüber den Behörden ihre Angaben. Sie erklärte, dass ihr Name falsch sei und sie tatsächlich 1946 in der Türkei geboren worden sei. Zur Untermauerung legte sie einen 2014 ausgestellten türkischen Pass sowie einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister vor.

2017 beantragte sie auf Grundlage dieser neuen Dokumente eine Altersrente. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag ab. Sie erkannte das Geburtsjahr 1946 nicht an und vergab auch keine neue Versicherungsnummer. Ein Rechtsstreit begann.

Fingerabdruckanalyse bestätigt Identität

Im Verlauf des Verfahrens ließ der zuständige Senat des Landessozialgerichts die Identität der Frau durch einen Fingerabdruckvergleich überprüfen. Das Ergebnis bestätigte: Die Klägerin, die nun unter einem anderen Namen auftrat, war dieselbe Person, die 1981 mit dem libanesischen Pass eingereist war.

Daraufhin bewertete das Gericht die vorgelegten türkischen Dokumente. Diese bestätigten zwar formal das Geburtsjahr 1946, allerdings wurde dieser Eintrag erst Ende 1962 vorgenommen – fast 17 Jahre nach der behaupteten Geburt. Nach Einschätzung des Gerichts ist ein so großer zeitlicher Abstand zwischen Geburt und amtlicher Registrierung zwar in ländlichen Gebieten der Türkei möglich, beeinträchtige jedoch erheblich die Beweiskraft der Urkunde. Zudem war die Klägerin bei der Eintragung nicht persönlich anwesend.

Widersprüche bei Hochzeit und Familienstand

Das Gericht verwies auch auf mehrere Widersprüche, die sich aus dem neuen Geburtsdatum ergaben. Eine zentrale Rolle spielte die Ehe der Frau mit einem 1963 geborenen Mann. Die Ehe fand 1977 statt. Wäre die Frau tatsächlich 1946 geboren, hätte sie ihren Mann im Alter von 31 Jahren geheiratet, während dieser zu dem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt gewesen wäre.

Zudem hätte die Klägerin ihre sechs Kinder im Alter zwischen 35 und 45 Jahren bekommen müssen. Obwohl biologisch möglich, hielt das Gericht diese Konstellation für ungewöhnlich und betrachtete sie als weiteres Indiz gegen das Geburtsjahr 1946.

Gericht lässt keine Zweifel an Entscheidung

In seiner Urteilsbegründung erklärte das Landessozialgericht, dass die vorgelegten türkischen Urkunden nicht besser geeignet seien als der ursprünglich eingereichte libanesische Pass, das tatsächliche Geburtsdatum zu belegen. Die neuen Dokumente böten keinen ausreichenden Anlass, die einmal vergebene Sozialversicherungsnummer zu ändern oder den Renteneintritt neu zu berechnen.

Die Entscheidung fiel unter dem Aktenzeichen L 33 R 333/21. Die Klägerin unterlag somit in zweiter Instanz. Zwar hatte sie zunächst vor dem Sozialgericht Berlin gewonnen, doch die Berufung der Rentenversicherung beim Landessozialgericht hatte Erfolg.

Weitere Schritte möglich

Die Frau hat weiterhin die Möglichkeit, gegen die Entscheidung vor dem Bundessozialgericht vorzugehen. Eine Revision wurde nicht ausgeschlossen. Bis dahin bleibt das Geburtsjahr 1960 maßgeblich. Ein früherer Renteneintritt wird nicht bewilligt.

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Klägerin reiste Anfang der 1980er mit libanesischem Pass ein.
  • Ursprünglich angegebenes Geburtsjahr: 1960.
  • 2015 Änderung auf Geburtsjahr 1946 mit türkischen Dokumenten.
  • Antrag auf Altersrente 2017 wurde abgelehnt.
  • Fingerabdruckvergleich bestätigte Identität mit früheren Angaben.
  • Gericht bewertete türkische Dokumente als nicht glaubwürdiger.
  • Hochzeit mit 14-jährigem Mann und spätes Gebären der Kinder galten als Indizien gegen 1946.
  • Keine neue Sozialversicherungsnummer – kein früherer Renteneintritt.

Das Urteil zeigt die strengen Anforderungen an nachträgliche Änderungen offizieller Geburtsdaten in Deutschland. Die ursprünglichen Angaben bei der ersten Registrierung bleiben ausschlaggebend, sofern neue Beweise nicht eindeutig und lückenlos sind.

Quelle: RBB24