Immer mehr Menschen, die nach Deutschland fliehen, leiden unter den Folgen schwerer Erfahrungen. Studien zeigen, dass rund 30 Prozent von ihnen eine Psychotherapie bräuchten, doch nur ein kleiner Teil bekommt tatsächlich Hilfe. Besonders in Brandenburg fehlen die Kapazitäten. Vereine wie „Komm Mit“ versuchen, diese Lücke zu schließen, stoßen jedoch schnell an ihre Grenzen.
Inhaltsverzeichnis:
- Robina Karimi aus Afghanistan
- Benedikt Aink und der Verein Komm Mit
- Joachim Rüffer über fehlende Kapazitäten in Brandenburg
- Janina Meyeringh über fehlende Therapieplätze
- Belastungen für Betroffene und Gesellschaft
Robina Karimi aus Afghanistan
Robina Karimi kam 2017 als 16-Jährige allein aus Afghanistan nach Deutschland. Sie berichtete, wie belastend die Trennung von ihrer Familie war. Hilfe fand sie zunächst bei spezialisierten Einrichtungen. Heute arbeitet sie selbst als Sprachmittlerin in einem psychosozialen Zentrum. Ihr Beispiel zeigt, wie wichtig Beratungsangebote für Geflüchtete sind. Viele Betroffene suchen dringend Unterstützung, weil sie traumatische Erinnerungen nicht allein bewältigen können.
Benedikt Aink und der Verein Komm Mit
Der Psychologe Benedikt Aink berät Geflüchtete für den Potsdamer Verein „Komm Mit“. Er betreut Menschen, die bereits in ihrem Herkunftsland traumatisiert wurden, auf der Flucht Gewalt erlebten oder auch in Deutschland unter schwierigen Bedingungen leiden. Typische Ursachen sind:
- Bombardierungen in Kriegsgebieten
- Verlust von Angehörigen
- Misshandlungen und Folter
- Leben in überfüllten Unterkünften
Jedes Jahr wenden sich rund 1.000 Geflüchtete an den Verein, etwa die Hälfte hat psychische Probleme wie Depressionen, Angstzustände oder posttraumatische Belastungsstörungen.
Joachim Rüffer über fehlende Kapazitäten in Brandenburg
Joachim Rüffer, Vorstandsvorsitzender von „Komm Mit“, schätzt, dass nur ein Sechstel der Betroffenen in Brandenburg versorgt werden kann. In den Beratungsstellen arbeiten drei speziell geschulte Therapeutinnen in Teilzeit. Sie dürfen Behandlungen durchführen, doch nur für Menschen, die mindestens drei Jahre in Deutschland sind und unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Er betont, dass es in Brandenburg keinen bekannten Fall gibt, in dem ein Geflüchteter von einem niedergelassenen Psychotherapeuten behandelt wurde.
Häufig versuchen die Mitarbeiter, Betroffene an Berliner Einrichtungen wie „Zentrum Überleben“ oder „Xenion“ zu vermitteln. Doch auch dort sind die Kapazitäten begrenzt. Das führt dazu, dass viele Anfragen unbearbeitet bleiben.
Janina Meyeringh über fehlende Therapieplätze
Janina Meyeringh, Kinder- und Jugendtherapeutin sowie Teil der Geschäftsleitung, beschreibt die Lage als dramatisch. Wöchentlich erreichen das Zentrum rund 50 Anfragen, doch nur ein Viertel der Hilfesuchenden kann tatsächlich behandelt werden. Finanziell ist die Arbeit stark abhängig von Förderungen, die jedes Jahr neu gesichert werden müssen. Das erschwert eine langfristige Planung und führt dazu, dass offene Stellen nicht besetzt werden können.
Belastungen für Betroffene und Gesellschaft
Robina Karimi schildert, wie Freunde mit ihren Erlebnissen kämpfen. Manche versuchen, die Bilder von Gewalt und Tod mit Zigaretten oder anderen Ablenkungen zu verdrängen. Ohne professionelle Hilfe bleibt der Zugang zu einer nachhaltigen Verarbeitung oft versperrt.
Auch für die Gesellschaft ergeben sich Folgen. Joachim Rüffer weist darauf hin, dass unbehandelte Depressionen oder Suchterkrankungen Geflüchtete vom Arbeitsmarkt fernhalten können. Dies bedeutet nicht nur individuelles Leid, sondern auch eine zusätzliche Belastung für die Allgemeinheit.
Die Situation macht deutlich, wie dringend mehr Therapieplätze, stabile Finanzierung und spezialisierte Fachkräfte gebraucht werden.
Quelle: RBB24