Die Zahl der Zurückweisungen an deutschen Grenzen ist deutlich gestiegen. Seit dem 7. Mai verfolgt Innenminister Alexander Dobrindt eine neue Linie bei der Migrationspolitik. Ziel: illegale Einreisen konsequent stoppen.
Inhaltsverzeichnis:
- 45 Prozent mehr Zurückweisungen nach Dobrindts Weisung
- Heiko Teggatz fordert dänisches Modell und mehr Personal
- Gewerkschaft der Polizei setzt auf Technik und EU-Kooperation
- Vergleich zeigt: Deutschland bietet mit Abstand die meisten Leistungen
- EU-Reaktionen und internationale Kritik an Deutschlands Kurs
45 Prozent mehr Zurückweisungen nach Dobrindts Weisung
Seit Inkrafttreten der neuen Anweisung sind an den Grenzen 739 illegale Einreiseversuche gestoppt worden – ein Anstieg um 45 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Damals lag die Zahl noch bei 511. Auch bei Asylgesuchen zeigen sich erste Effekte: Von 51 Anträgen wurden 32 Personen zurückgewiesen.
Die Maßnahmen stützen sich auf das deutsche Asylrecht. Ausnahmen gelten weiterhin für Schwangere, Kranke und unbegleitete Minderjährige. Die Bundespolizei kontrolliert verstärkt an den Grenzen zu Nachbarstaaten, darunter Polen, Österreich und die Schweiz. Das hat direkte Auswirkungen – auch auf den Verkehr: Es kommt zu Rückstaus, was Wirtschaft und Pendler belastet.
Heiko Teggatz fordert dänisches Modell und mehr Personal
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, bezeichnet die verschärften Kontrollen als Wendepunkt. Bereits jetzt sei ein Rückgang der Migration zu spüren. Schleusungen würden schwieriger, kostspieliger und riskanter. Teggatz fordert zusätzlich:
- Ein Modell wie in Dänemark mit Minimalleistungen für Asylbewerber
- Kein finanzieller Komfort für abgelehnte Asylsuchende
- Rechtliche Konsequenzen für Straftäter unter den Migranten
- 3000 neue Tarifkräfte für die Bundespolizei zur Entlastung bei administrativen Aufgaben wie Datenerfassung oder Logistik.
Bereits 1993 habe ein ähnliches System funktioniert. Heute arbeiten Polizisten bis zu zwölf Stunden täglich, teils sieben Tage in Folge.
Gewerkschaft der Polizei setzt auf Technik und EU-Kooperation
Andreas Broska, Vorsitzender der Direktionsgruppe Bundespolizei bei der GdP, kritisiert jedoch den Fokus auf stationäre Grenzkontrollen. Er fordert den Einsatz von Drohnen, KI-gestützter Erkennungstechnik und mobilen Einheiten entlang der sogenannten „grünen Grenze“.
Er weist auf ein Problem hin: Schleuser weichen bekannten Kontrollstellen aus. „Die Neiße ist so seicht, dass man sie durchlaufen kann“, sagt Broska. Deshalb sei eine flächendeckende Sicherung der 3000 Kilometer langen Landgrenze unrealistisch. Dennoch zeigen sich auch dort erste Erfolge – dank paralleler Maßnahmen anderer EU-Staaten. Zudem betont er:
- Die Bedeutung gemeinsamer europäischer Lösungen
- Die Notwendigkeit moderner Bundespolizeigesetze
- Den Effekt sinkender Zahlen durch Dominoeffekte anderer Länder
Vergleich zeigt: Deutschland bietet mit Abstand die meisten Leistungen
Ein internationaler Vergleich der Unterstützungsleistungen für Asylsuchende verdeutlicht, warum Deutschland so attraktiv für Migranten bleibt. Während in Ländern wie Polen, Dänemark oder Frankreich abgelehnte Asylbewerber kaum noch staatliche Hilfe erhalten, ist das deutsche System großzügig:
Land | Monatliche Leistungen für Asylbewerber |
---|---|
Deutschland | 441 Euro plus Wohnung, Heizung, Versicherung |
Frankreich | 210–440 Euro, je nach Unterkunft |
Dänemark | 217 Euro + Heimunterbringung |
Niederlande | 14,87 Euro pro Woche + Sachleistungen |
Polen | Nur Unterkunft und Essen, kein Geld |
Italien | 77 Euro Taschengeld |
Griechenland | 150 Euro, keine Wohnkosten |
Abgelehnte Asylbewerber erhalten in Polen, Ungarn oder Italien keinerlei Leistungen. In Deutschland hingegen gibt es nach 36 Monaten Duldung sogar Bürgergeld.
EU-Reaktionen und internationale Kritik an Deutschlands Kurs
Die neue deutsche Grenzpolitik wird europaweit kritisch beäugt. Polen verweigerte kürzlich die Rücknahme zweier Flüchtlinge. Die Schweiz verlangt die Einhaltung bilateraler Abkommen. Österreich hingegen unterstützt die deutsche Linie, die mit Kanzler Christian Stocker abgestimmt wurde.
Die Grünen und die Linkspartei kritisieren das Vorgehen scharf. Ihrer Meinung nach gefährde Dobrindts Politik die europäische Zusammenarbeit und schade den Grenzregionen. Trotzdem verteidigt der Innenminister seinen Kurs: Die Kapazitäten von Kommunen seien erschöpft, die Integrationsfähigkeit erreicht.
Die Debatte um Anreize, Migration und europäische Solidarität dürfte damit nicht enden. Doch die Zahlen belegen bereits jetzt erste Effekte der verschärften Kontrollen – mit messbaren Konsequenzen für Einreise und Asylpraxis.
Quelle: Berliner Zeitung